By Philip Bethge
How do you kill an elephant without a gun, if all you’ve got is a spear, and your 20 centimeters (8 inches) of sharpened metal is going up against five tons of thick-skinned beast?
Ein Kommentar von Philip Bethge, DER SPIEGEL 21/2016
Die quälende Debatte um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist frustrierend für den Verbraucher. Dabei könnte der die Sache selbst in die Hand nehmen.
Der Einsatz von Glyphosat auf den Feldern ist nämlich die direkte Folge der Schnäppchenmentalität des deutschen Supermarktkunden. Geiz ist geil, heißt es hierzulande vor allem bei Lebensmitteln. Doch wer Billigfleisch, Billigmilch und Billigkäse kauft, unterstützt eine Art von Landwirtschaft, die ohne Glyphosat nicht mehr auskommt.
Das Monsanto-Spritzmittel ist vergleichsweise preiswert und wirkungsvoll, eine Win-win-Situation für die konventionell wirtschaftenden Bauern. Deshalb landet es auch bei uns auf den Zuckerrüben- und Winterweizenfeldern. Vor allem aber finden sich Glyphosat-Rückstände in jenem gentechnisch veränderten Sojaschrot aus Südamerika und den USA, das auch deutschen Milchkühen, Fleischrindern, Mastschweinen und Hähnchen tagtäglich in die Futtertröge geschüttet wird.
Der Verbraucher fühlt sich ohnmächtig. Ohnmacht ist aber auch bequem. Sie entbindet davon, Verantwortung zu übernehmen. Ein schneller Klick bei Kampagnenportalen gegen Glyphosat mag ein gutes Gefühl geben. Doch das ist zu wenig. Konsequent wäre es, dann im Supermarkt nur noch zu Biofleisch, Biomilch- und Biogetreideprodukten zu greifen, die Glyphosat-frei erzeugt werden. Wer gesund leben will, muss Lebensmittel vor allem mehr wertschätzen.
Der Streit um das Pestizid ist auch ein Stellvertreterkrieg um die Zukunft der Landwirtschaft. Der Widerstand der Umweltverbände, der Grünen und neuerdings auch der SPD gegen das umstrittene Mittel wird nicht zuletzt deswegen so vehement geführt, weil dessen Gegner nach der Energiewende eine Agrarwende wollen. Wer das richtig findet, muss dann aber auch auf Bio umsteigen und mehr fürs Essen bezahlen. Alles andere ist scheinheilig.
Eine Glosse von Philip Bethge, DER SPIEGEL 3/2016
Ist der Mensch Gift für die Erde, vielleicht sogar über den Tod hinaus? Diesem Problem widmeten sich jetzt Forscher auf Einladung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Es ging um die Überreste von 470 000 Leichen, die hierzulande jährlich verbrannt werden. Übrig bleibt Asche, genauer gesagt: Urnenasche. Ist sie gefährlich für Boden und Grundwasser? Vergiftet also Omas gesammeltes Cadmium, Chrom und Blei über das Trinkwasser irgendwann ihre Enkel?
Die Experten bemühten Bundes-Bodenschutzgesetz und Altlastenverordnung. Von Ofentechnik, Nachverbrennungstemperaturen und Filterstäuben, die bei der Leichenverbrennung entstehen, war die Rede. Doch eigentlich steckt dahinter ein Streit des traditionellen Friedhofsgewerbes mit den Anbietern alternativer Bestattungsformen. Immer beliebter werden Seebestattungen oder sogenannte Friedwälder, in denen die Verwandtschaft unter Bäumen verbuddelt werden darf. Damit solcher Wildwuchs nicht weiter um sich greift, wollen Steinmetze oder Gärtner die Urnenasche möglichst giftig erscheinen lassen. Denn wäre sie Sondermüll, gäbe es einen guten Grund, sie nur auf Friedhöfen zu vergraben.
Doch die Lobbyisten haben die Rechnung ohne die Wissenschaft gemacht. Die Urnenaschenforschung nimmt die Sache zwar, nun ja, todernst, gibt aber Entwarnung: Akute Vergiftungsgefahr besteht wohl nicht. Nur direkt neben der Urne, gleichsam im Urniversum, ist der Boden geringfügig belastet.
Somit stellt sich nun die Frage, warum nicht jeder Opas Asche einfach dort verstreuen darf, wo er will. Der Verdünnungseffekt würde das Giftproblem noch weiter entschärfen. Nur einen Gesundheitstipp geben die Experten: Bitte nicht die Staubfahne einatmen!
Löst das Pestizid Glyphosat Krebs aus? Die Tests in Europa taugen nichts.
Ein Kommentar von Philip Bethge
Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist in aller Munde: Es steckt in Tierfutter, in Brot, in der Milch. Wie gefährlich ist das Unkrautvernichtungsmittel? Als “wahrscheinlich krebserregend für den Menschen” hat die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Mittel eingestuft. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hingegen fällte vorige Woche das gegenteilige Urteil: “wahrscheinlich nicht krebserregend”. Kritiker werfen der EU-Behörde vor, sich zu sehr auf Industriestudien zu verlassen. Dabei offenbart der Glyphosat-Streit vor allem ein eklatantes Problem bei der europäischen Wirkstoffprüfung.
Die EU-Lebensmittelwächter bewerteten – ganz gesetzeskonform – nur den reinen Wirkstoff Glyphosat, die WHO-Experten hingegen zusätzlich die tatsächlich eingesetzte Pestizidmischung, also handelsübliche Produkte wie Monsantos “Roundup”. Solche Mixturen jedoch können giftiger sein als Glyphosat allein. Gründliche Gefahrenprüfungen für Stoffmischungen sind in der EU jedoch nicht vorgeschrieben – eine Regelung, die es den Herstellern erlaubt, zugelassene Wirkstoffe nach Herzenslust zusammenzumischen, ohne deren kombinierte Wirkung ausgiebig testen zu müssen.
Auf den Äckern landet aber nicht reines Glyphosat, sondern immer das fertig gemischte Pestizid. Auch im Gentech-Soja aus Südamerika, den hiesige Kühe fressen, finden sich alle Roundup-Inhaltsstoffe. Das Nachsehen haben die Verbraucher, die ungewollt und ungefragt an einem Menschenversuch teilnehmen.
Die europäische Wirkstoffprüfung ist folglich wirklichkeitsfern und industriefreundlich. Langzeitstudien zur Krebsgefahr von Roundup und anderen Glyphosat-Pestiziden hat die Industrie noch nie vorgelegt. Dazu müssen die Konzerne per Gesetz verpflichtet werden.
Mehr zum Thema Glyphosat in der Geschichte “Totgespritzt“.
Von Philip Bethge und Johann Grolle
Als Kind las Goodall gern die Geschichten über den Arzt Doktor Dolittle; sie entfachten ihre Liebe zur wilden Kreatur. Mit 23 brach sie nach Afrika auf, lernte dort den Paläoanthropologen Louis Leakey kennen und studierte in dessen Auftrag die Schimpansen des Gombe-Stream-Schutzgebiets in Tansania. Goodall beobachtete erstmals Werkzeuggebrauch und Kriegsführung bei den engsten Menschenverwandten und wurde dadurch zur berühmtesten Primatenforscherin der Welt. 1986 veröffentlichte sie ihr Hauptwerk, “The Chimpanzees of Gombe. Patterns of Behavior”. Kurz darauf ließ sie die Forschung hinter sich, um ihr Leben ganz dem Schutz der Schimpansen und der Erhaltung der Natur zu widmen. Als Öko-Kämpferin zieht Goodall heute an 300 Tagen im Jahr um den Globus. Das Jugendprogramm “Roots & Shoots” des Jane Goodall Institute findet in mehr als 130 Ländern statt. Die 81-jährige Britin ist Friedensbotschafterin der Vereinten Nationen und trägt den Orden “Dame Commander of the Order of the British Empire”. Seit mehr als 20 Jahren, sagt sie, habe sie nicht länger als drei Wochen im selben Bett geschlafen.
SPIEGEL: Dr. Goodall, in der ersten Hälfte Ihres beruflichen Lebens befassten Sie sich mit Schimpansen, in der zweiten mit Menschen. Hat Ihnen Ihr Wissen über die einen beim Umgang mit den anderen geholfen?
Goodall: Ich glaube schon. Bei den Schimpansen habe ich viel über nonverbale Kommunikation gelernt. Was uns von ihnen unterscheidet, ist nämlich vor allem, dass sie keine Wörter kennen. Alles andere ist fast gleich: Küssen, Umarmen, Prahlen, Fäusteschütteln. All das habe ich bei den Schimpansen studiert – was mich befähigt, auch Menschen gut zu verstehen. Wenn Sie zum Beispiel jemanden ertappen, wie er einen Fehler macht, zuckt er zusammen und windet sich. Er wird Ihnen dann nicht mehr zuhören, sondern nur überlegen, wie er zum Gegenangriff übergehen kann. Um jemanden wirklich zu überzeugen, müssen Sie sein Herz erreichen.
SPIEGEL: Wie das?
Goodall: Ich erinnere mich zum Beispiel an ein Treffen mit dem chinesischen Umweltminister. Ich wollte ihn dazu bringen, unser Jugendprogramm Roots & Shoots in chinesischen Schulen zuzulassen. Aber er sprach kein Englisch, und so saßen wir da, zwischen uns ein Übersetzer, und ich hatte nur zehn Minuten Zeit. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und sagte: “Wäre ich ein weiblicher Schimpanse, dann wäre ich sehr töricht, wenn ich ein hochrangiges Männchen nicht untertänig begrüßen würde”, und ich machte unterwürfig: “Ö-hö-hö-hö-hö-hö.” Das Männchen, so sagte ich weiter, müsse nun das Weibchen großmütig streicheln, und dabei nahm ich seine Hand. Ich merkte, wie sie sich verkrampfte, aber ich gab nicht auf und führte seine Hand auf meinen Kopf. Erst war es totenstill, aber dann begann er zu lachen. Am Ende redeten wir anderthalb Stunden lang, und seither gibt es Roots & Shoots an chinesischen Schulen.
SPIEGEL: Sie sind hier in New York, um auf dem Nachhaltigkeitsgipfel der Uno aufzutreten. Was geschieht, wenn so viele hochrangige Männchen zusammenkommen?
Goodall: Vor allem: zu viel Gerede. Ich will nicht behaupten, solche Gipfel seien pure Zeitverschwendung, aber ihre Ergebnisse sind meist enttäuschend.
SPIEGEL: Vielleicht ist der Mensch, von Natur aus eigennützig und auf kurzfristigen Nutzen bedacht, nicht geschaffen, um die Probleme des Planeten zu lösen?
Goodall: Das müssen wir aber. Wir haben uns von der Natur abgewandt. Stattdessen geht es nur um Geld und Macht. Wir müssen wieder zurück zur Natur finden, um diesen Planeten zu retten.
SPIEGEL: Wenn die Idee der Nachhaltigkeit aber unserer Natur zuwiderläuft?
Goodall: Das tut sie ja gar nicht. Selbst Schimpansen verstehen diese Idee. In einem Baum voller Früchte pflücken sie nur diejenigen, die reif sind. Die anderen lassen sie hängen. Das ist nichts anderes als Nachhaltigkeit.
SPIEGEL: Ein anderes politisches Thema, das uns derzeit in Europa umtreibt, ist die Flüchtlingskrise. Was sagen Sie als Primatologin: Liegt es in unserer Natur, Fremde willkommen zu heißen?
Goodall: Nein. Primaten sind sehr territorial. Es entspricht ihrer Natur, ihre Nahrungsressourcen, Weibchen und Jungtiere zu schützen. Das erklärt …..
Schiffsabgase gefährden die Gesundheit. Warum dürfen sie immer noch die Luft verpesten?
Ein Kommentar von Philip Bethge
Das Wasser glitzert. Die Möwen schreien. Das Dickschiff tutet. Schön ist’s am Hafen. Aber dann: Schwarze Wolken puffen in die Luft. Dieselruß rieselt auf die Kais. Und was nach großer, weiter Welt riecht, kann tödlich enden. Eine Studie der Universität Rostock und des Helmholtz-Zentrums München bestätigt jetzt, dass Schiffsabgase Lungenzellen schädigen. Die Weltgesundheitsorganisation stuft Ruß als ebenso krebserregend ein wie Asbest. Trotzdem fährt fast die gesamte Handels-, Fähr- und Kreuzfahrtflotte der Erde immer noch mit dreckigem Schweröl. Effektive Abgasanlagen sind auf Schiffen so rar wie Kapitäninnen. Warum ist das so? Weil Schweröl billig ist. Weil in der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation große Flaggenländer wie Liberia oder die Marshallinseln das Sagen haben, denen Umwelt und Gesundheit am Heck vorbeigehen. Weil nur in wenigen Meeresgebieten überhaupt Abgasgrenzwerte gelten, in der Nord- und Ostsee etwa. Und: weil dort viel zu selten kontrolliert wird. Zwar setzen einzelne Branchen wie zum Beispiel die Kreuzfahrtreeder sogenannte Schwefeloxid-Scrubber und Stickoxidfilter ein. Auch nutzen neuere Traumschiffe in manchen Gewässern inzwischen Schiffsdiesel, der sauberer als Schweröl ist. Doch konsequent wäre es, Schweröl komplett zu verbannen und die Schiffsantriebe ganz auf Diesel oder gleich auf Flüssiggas umzurüsten. Nur wenn der Treibstoff bereits schwefelarm aus der Raffinerie kommt, können die Abgase durch effektive Katalysatoren und Rußpartikelfilter geschickt werden. Bei Lastwagen ist das seit Jahren Standard. Warum nicht auf See?
Der Naturschutzbund Deutschland hat am Hafen von Kiel gerade Feinststaubwerte gemessen, die rund 20-fach “über dem ortsüblichen Niveau” liegen. Auch über Hamburgs edler HafenCity wabert der Ruß aus den Schiffsschloten. Dort hat so mancher Reeder sein Büro. Vielleicht hilft ja: tief durchatmen?