Tag: industry

  • Reportage: Kaffee Libertad

    Reportage: Kaffee Libertad

    Warum Italiener in Kuba Kaffee kaufen – Das Kaffeegeschäft muss nachhaltiger werden. Der italienische Konzern Lavazza versucht, in Kuba neue Bioplantagen zu erschließen. Ist das mehr als nur PR? – Text und Fotos von Philip Bethge.

  • Herbicide Health Dangers: Monsanto Faces Blowback Over Cancer Cover-Up

    A release of internal emails has revealed that U.S. agrochemical giant Monsanto manipulated studies of the company’s herbicide, Roundup. Experts believe the product causes cancer – and the consequences for the company could be dire.

    Some companies’ reputations are so poor that the public already has low expectations when it comes to their ethics and business practices. That doesn’t make it any less shocking when the accusations against them are confirmed in black and white.

    Agricultural chemicals giant Monsanto is under fire because the company’s herbicide, Roundup (active ingredient: glyphosate), is suspected of being carcinogenic. Permission to sell the chemical in the European Union expires on December 15 with member states set to decide on Wednesday whether to renew it for another 10 years. And now, the longstanding dispute about glyphosate has been brought to a head by the release of explosive documents.

    Monsanto’s strategies for whitewashing glyphosate have been revealed in internal e-mails, presentations and memos. Even worse, these “Monsanto Papers” suggest that the company doesn’t even seem to know whether Roundup is harmless to people’s health.

    “You cannot say that Roundup is not a carcinogen,” Monsanto toxicologist Donna Farmer wrote in one of the emails. “We have not done the necessary testing on the formulation to make that statement.” …

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  • Leise rieselt der Ruß

    Schiffsabgase gefährden die Gesundheit. Warum dürfen sie immer noch die Luft verpesten?

    Ein Kommentar von Philip Bethge

    Das Wasser glitzert. Die Möwen schreien. Das Dickschiff tutet. Schön ist’s am Hafen. Aber dann: Schwarze Wolken puffen in die Luft. Dieselruß rieselt auf die Kais. Und was nach großer, weiter Welt riecht, kann tödlich enden. Eine Studie der Universität Rostock und des Helmholtz-Zentrums München bestätigt jetzt, dass Schiffsabgase Lungenzellen schädigen. Die Weltgesundheitsorganisation stuft Ruß als ebenso krebserregend ein wie Asbest. Trotzdem fährt fast die gesamte Handels-, Fähr- und Kreuzfahrtflotte der Erde immer noch mit dreckigem Schweröl. Effektive Abgasanlagen sind auf Schiffen so rar wie Kapitäninnen. Warum ist das so? Weil Schweröl billig ist. Weil in der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation große Flaggenländer wie Liberia oder die Marshallinseln das Sagen haben, denen Umwelt und Gesundheit am Heck vorbeigehen. Weil nur in wenigen Meeresgebieten überhaupt Abgasgrenzwerte gelten, in der Nord- und Ostsee etwa. Und: weil dort viel zu selten kontrolliert wird. Zwar setzen einzelne Branchen wie zum Beispiel die Kreuzfahrtreeder sogenannte Schwefeloxid-Scrubber und Stickoxidfilter ein. Auch nutzen neuere Traumschiffe in manchen Gewässern inzwischen Schiffsdiesel, der sauberer als Schweröl ist. Doch konsequent wäre es, Schweröl komplett zu verbannen und die Schiffsantriebe ganz auf Diesel oder gleich auf Flüssiggas umzurüsten. Nur wenn der Treibstoff bereits schwefelarm aus der Raffinerie kommt, können die Abgase durch effektive Katalysatoren und Rußpartikelfilter geschickt werden. Bei Lastwagen ist das seit Jahren Standard. Warum nicht auf See?

    Der Naturschutzbund Deutschland hat am Hafen von Kiel gerade Feinststaubwerte gemessen, die rund 20-fach “über dem ortsüblichen Niveau” liegen. Auch über Hamburgs edler HafenCity wabert der Ruß aus den Schiffsschloten. Dort hat so mancher Reeder sein Büro. Vielleicht hilft ja: tief durchatmen?

  • Totgespritzt

    Es steckt im Tierfutter, im Brot, in der Milch: Das Pestizid Glyphosat belastet seit Jahrzehnten die Umwelt, weltweit. Forscher warnen vor Missbildungen und Krebs. Wie gefährlich ist der Stoff wirklich?

    Von Philip Bethge – DER SPIEGEL 24/2015

    Das Unheil kam langsam über den Hof von Helge Voss. Zuerst gaben die Kühe weniger Milch, ihr Kot war mal dick, mal dünn, obwohl sie stets das gleiche Futter fraßen. Dann kamen die ersten Tiere nicht mehr hoch – als wären die Hinterläufe gelähmt. Einige Kühe blieben nach der Niederkunft einfach liegen und starben im Stroh.

    “Ich hatte Tiere, die haben auf keine Behandlung mehr angesprochen”, sagt Voss, Milchbauer in Kaaks, einem Dorf in Schleswig-Holstein. So etwas hatte es noch nicht gegeben auf dem Hof seiner Familie, nicht beim Vater und nicht beim Großvater, die beide auch schon vom Vieh lebten.

    “So eine Kuh muss glänzend aussehen, Fleisch auf den Rippen haben, und wenn ich die auf die Weide lasse, muss sie auch mal rennen wollen”, sagt Voss, 42. Doch nun, plötzlich, nur noch Hungerhaken im Stall, “zu dünn, zu langsam, zu stumpf das Fell”. Erst mal suche man die Schuld bei sich, dann sei er aber doch zum Tierarzt gegangen, “und der hat gleich auf Glyphosat getippt”.

    In deutschen Kuhställen geht eine mysteriöse Krankheit um. Manche Veterinärämter halten das Leiden für ein Hirngespinst paranoider Bauern. Einige Tierärzte dagegen sprechen von “chronischem Botulismus” und warnen vor einer Epidemie.

    Wenn sie über die Gründe für die schleichende Vergiftung sprechen, taucht immer wieder ein Wort auf: Glyphosat.

    –> Originaltext auf Spiegel.de

    Glyphosat ist das weltweit meistversprühte Herbizid; seit 40 Jahren ist es in Gebrauch und daher fast überall zu finden: im Urin von Mensch und Tier, in der Milch, im Tierfutter, in Organen von Schweinen und Kühen, in Hasen und Fasanen, im Wasser.

    Seit 2001 ist der Einsatz von Glyphosat in den EU-Ländern möglich. Ende des Jahres nun läuft die Zulassung aus. Die European Food Safety Authority (EFSA) wird Anfang August eine Empfehlung aussprechen, ob der Stoff für weitere zehn Jahre zugelassen werden kann. Gut möglich, dass zu diesem Anlass ein seit Jahren schwelender Streit eskaliert: darüber, wie gefährlich Glyphosat für Mensch, Tier und Umwelt ist.

    Auf der einen Seite steht die Agrarindustrie mit einer mächtigen Lobby, die seit Jahrzehnten die Unbedenklichkeit des Stoffes für Mensch und Tier beschwört. Auch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR), das in der EU für die wissenschaftliche Einschätzung der Chemikalie zuständig ist, hält Glyphosat für weitgehend ungefährlich . Gerade hat das Amt einen 2000 Seiten starken Bericht an die EFSA verschickt. Darin setzen die BfR-Autoren die “akzeptable Tagesaufnahme” für den Menschen sogar um zwei Drittel herauf.

     

     

    Auf der anderen Seite kämpfen Umweltverbände und Ökoaktivisten, aber auch immer mehr unabhängige Wissenschaftler. Sie glauben, dass Glyphosat Missbildungen bei Säugetieren hervorrufen kann, Niere und Leber schädigt und Unfruchtbarkeit oder Krebs begünstigt. Ein Warnruf von höchster Warte schürt die Sorgen: Die International Agency for Research on Cancer (IARC), eine Vereinigung unter dem Dach der Weltgesundheitsorganisation, hat Glyphosat Anfang März als “wahrscheinlich krebserregend für den Menschen” eingestuft.

    Ist Glyphosat also harmlos genug zum Trinken, wie es manche Industrielobbyisten predigen? Oder ist es das DDT des 21. Jahrhunderts, hochgiftig und im Begriff, die gesamte Nahrungskette zu verseuchen?

    Wer sich um Klärung bemüht, bekommt es mit verschwiegenen Firmen zu tun, die Forschungsergebnisse als Betriebsgeheimnisse deklarieren. Kritische Studien werden schlechtgemacht, Wissenschaftler unter Druck gesetzt.

    “Die Industrie tut alles, um missliebige Forscher zu diskreditieren”, sagt der französische Toxikologe Gilles-Éric Séralini, einer der schärfsten Glyphosat-Kritiker. Séralini glaubt, dass die Zulassungsbehörden der Industrie seit Jahren in die Hände spielen, auch deshalb, weil sie Glyphosat nur isoliert auf Giftigkeit prüfen; nur den Wirkstoff an sich also – nicht aber die tatsächlich versprühten Mixturen. Séralinis Forderung: “Glyphosathaltige Pestizide sollten sofort verboten werden.”

    Glyphosat wurde erstmals 1950 in der Schweiz synthetisiert. Seit 1996 kommt es massiv zum Einsatz, vor allem zusammen mit gentechnisch veränderten Nutzpflanzen, denen die Chemikalie nichts anhaben kann. Die Kombination galt lange als ökologisch unbedenklich und äußerst wirkungsvoll: Glyphosat hemmt das Enzym eines für Pflanzen essenziellen Stoffwechselwegs. Gentech-Getreide wie etwa die Roundup-Ready-Sorten des Agrarriesen Monsanto widerstehen dem Killer. Wer also Glyphosat gegen Unkraut spritzt und gleichzeitig die Gentech-Saat verwendet, darf auf reiche Ernten hoffen.

    Jahrelang ging das gut. Doch die Bauern müssen immer größere Mengen des Pestizids auf die Felder sprühen, weil viele Unkräuter resistent geworden sind. Über 700 000 Tonnen des Stoffs produzieren Firmen wie Monsanto, Syngenta oder Bayer Crop Science inzwischen im Jahr. In Deutschland sind derzeit 94 glyphosathaltige Unkrautvernichter unter Namen wie Roundup, Glyfos oder Permaclean zugelassen.

    Gartenfreunde sprühen die Mittel in die Fugen zwischen den Terrassenplatten. Die Bahn hält damit ihre Gleisanlagen kahl. Deutsche Bauern wiederum machen mit den Pestiziden Tabula rasa, um Felder für die neue Aussaat vorzubereiten. Oder sie nutzen die Mittel für die sogenannte Sikkation : Raps, Kartoffeln oder Weizen werden kurz vor der Reife gleichsam totgespritzt, weil sie dann leichter zu ernten sind. Diese Technik erhöht die Pestizidrückstände in den Feldfrüchten. Für die EU kein Problem: Sie hat den Glyphosat-Grenzwert für Brot- und Futtergetreide einfach erhöht.

    Die größten Glyphosat-Mengen indes stecken in importierten Futterpflanzen. Als Tierfutter sind Gentech-Mais und -Soja etwa aus Argentinien oder den USA seit 1996 in der EU zugelassen. Das eiweißreiche Getreide ist billiger als Kraftfutter aus Europa und landet direkt in den Trögen jener Kühe und Schweine, deren Milch oder Fleisch in hiesigen Supermärkten angeboten werden.

    Doch was macht die Glyphosat-Flut mit der Umwelt? Schon lange steht das Mittel im Ruf, die Böden auszulaugen. Genpflanzen überleben die Behandlung zwar, werden aber anfälliger für Krankheiten, bleichen aus oder fallen Pilzen zum Opfer. Nun mehren sich die Anzeichen, dass Glyphosat auch Tier und Mensch schaden könnte.

    Ib Borup Pedersen, Schweinezüchter aus dem dänischen Spentrup, fütterte seine Schweine jahrelang mit Gentech-Soja. Irgendwann wurde er misstrauisch. “Jede Sojalieferung führte zu neuen Gesundheitsproblemen”, erzählt der Landwirt. Durchfall, Magengeschwüre und Blähungen plagten Pedersens 450 Sauen. Testweise ließ er das Gentech-Soja weg. “Die Tierarztkosten fielen um zwei Drittel”, erinnert sich Pedersen, “die Sauen wurden ruhiger und produzierten mehr Milch.”

    Nun wollte es der Schweinezüchter aus Jütland genau wissen. Fortan führte er Buch über die Herkunft des Schweinefutters und die Erkrankungen seiner Tiere. “Zwei Jahre und 32 000 Schweine später” hatte Pedersen “deprimierende Gewissheit”. Glyphosat im Futter, so zeigten seine Notizen, verschlechterte nicht nur den Allgemeinzustand der Sauen. Es häuften sich auch Fälle von Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten und Missbildungen an Schädel, Wirbelsäule und Beinen.

    Pedersen hat die Horrorshow sorgfältig dokumentiert: Seine Fotos zeigen Ferkel mit nur einem Auge oder ohne Anus, Tiere mit deformierten Ohren, Schnauzen und Zungen, mit klaffenden Löchern im Schädel oder verkrümmten Beinen. Einige der Tiere ließ Pedersen ärztlich untersuchen. Überall im Körper fanden sich Glyphosat-Rückstände, vor allem in Lunge und Herz.

    “Ohne Zweifel ist Roundup der Grund für meine Probleme”, folgert der Züchter. Und er ist sich sicher, dass seine Erfahrungen keine Ausnahme sind.

    Auch in Pedersens Urin fand sich Glyphosat. “Das macht mir besonders Sorgen, weil ich mein Essen ganz normal hier bei uns im Supermarkt einkaufe”, sagt er.

    Pedersens Studie hat wissenschaftlich keinerlei Aussagekraft, weil sie anekdotisch ist, nicht systematisch. Und doch bestätigen seine Notizen, was Publikationen in Fachjournalen zeigen. Im Tierexperiment entwickelten Krallenfrosch- und Hühnerembryonen Missbildungen durch Glyphosat. Rattenembryonen, die mit verdünntem Roundup geduscht wurden, erlitten Skelettschäden.

    Das Pestizid galt lange als unbedenklich, weil es auf ein Enzym zielt, das allein in Pflanzen wirkt. Aufruhr im Säugetierkörper richtet der Stoff aber wohl dennoch an. Er ist nah mit der Aminosäure Glycin verwandt und kann deren Platz im Stoffwechsel einnehmen.

    Forscher berichten, dass Glyphosat nerventoxisch wirken und das Hormonsystem durcheinanderbringen könne. Bei Embryonen stört der Stoff möglicherweise den Retinsäure-Stoffwechsel, der eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung spielt.

    Auch einen immens wichtigen Enzymkomplex könnte er beeinflussen: den biochemischen Werkzeugkasten zur Entgiftung des Körpers. Ständig bombardieren toxische Substanzen aus der Nahrung Mensch und Tier. Enzyme bauen diese Stoffe in Leber und Niere ab. Normalerweise. Glyphosat könnte diesen Mechanismus hemmen. Ohne gut laufende Entgiftung jedoch wird der Körper zur Sondermüllhalde.

    Einer, der es genau wissen will, ist der Franzose Séralini. Seine Arbeitsgruppe im normannischen Caen erforscht seit Jahren die Wirkung von Glyphosat. Séralini badete menschliche Embryonal- und Plazentazellen in Roundup-Lösungen und protokollierte die vernichtende Wirkung der Chemikalie. Zum Erzfeind der Industrie wurde der Forscher aber erst, nachdem er Versuchsratten über zwei Jahre Roundup ins Trinkwasser geträufelt oder sie mit Gentech-Mais gefüttert hatte.

    Séralini untersuchte insgesamt 200 Ratten, analysierte Blut, Kot, Urin und Organe. Was er fand, beschreibt der Toxikologe als “alarmierend”. Nieren- und Leberschäden waren zu verzeichnen, die Weibchen entwickelten überdurchschnittlich häufig Brustkrebs. Die Hirnanhangdrüse war bei vielen Tieren vergrößert, der Stoffwechsel verändert.

    Im September 2012 veröffentlichte das Fachblatt “Food and Chemical Toxicology” die Studie. Danach brach in Séralinis Leben die Hölle los. “Innerhalb der ersten 24 Stunden protestierten über hundert Forscher gegen unser Paper”, erzählt er, “dann schlossen sich die Behörden, die Glyphosat zugelassen hatten, dem Widerstand an.”

    Séralini wurden “Falschaussagen” vorgeworfen, “Verwendung von Tieren für Propagandazwecke”, “Munitionierung für Extremisten”. Wenn sich der Forscher daran erinnert, in seinem kleinen, schmucklosen Büro in einem Seitentrakt der Université de Caen, klingt er verbittert. Der energische Toxikologe fühlt sich als Opfer einer Schmutzkampagne.

    “Es gab enormen Druck vonseiten der Industrie”, sagt Séralini. Mit Erfolg: Im November 2013 zog “Food and Chemical Toxicology” Séralinis Veröffentlichung zurück . Zufall oder nicht – ein halbes Jahr zuvor hatte das Fachmagazin den US-Ernährungswissenschaftler Richard Goodman in seinen redaktionellen Beirat berufen, einen ehemaligen Monsanto-Mitarbeiter.

    Der Streit um Séralinis Arbeit ist typisch für die Glyphosat-Debatte. Kritische Studien werden zunächst fachlich angezweifelt. Dann wird’s persönlich. Im Fall der französischen Rattenstudie bemängeln Kritiker , dass der Forscher die falschen Labor-

    ratten und vor allem zu wenig Tiere verwendet habe, um signifikante Aussagen machen zu können. Séralini hält dagegen. Inzwischen hat ein anderes Fachblatt die Studie neu publiziert. Die Reputation des Franzosen ist dennoch beschädigt.

    Bei der aktuellen Krebsstudie der IARC wiederholt sich das Muster. Die Experten sortierten Glyphosat in die “Kategorie 2A” ein, “wahrscheinlich krebserregend für den Menschen”. Sie berufen sich vor allem auf drei Studien aus den USA, Kanada und Schweden, die nahelegen, dass die Chemikalie das Risiko erhöht, an Lymphdrüsenkrebs zu erkranken. Außerdem gebe es “überzeugende Hinweise”, dass Glyphosat Krebs bei Labortieren und Erbgutschäden bei menschlichen Zellen hervorrufe, berichtet der IARC-Epidemiologe Kurt Straif.

    Straif und 16 weitere Experten von Weltruf haben an der IARC-Einschätzung mitgearbeitet. Ein Jahr lang diskutierten die Wissenschaftler, bevor sie im März ihr Urteil fällten. Die Ergebnisse publizierten sie im angesehenen Fachblatt “Lancet Oncology”. Die Pestizidhersteller beeindruckt das wenig; umgehend zogen sie gegen die Forscher zu Felde.

    “Wir sind empört”, wetterte Robb Fraley , oberster Techniker von Monsanto. Die IARC-Einschätzung widerspreche “Jahrzehnten umfangreicher Sicherheitsforschung der führenden Regulierungsbehörden der Welt” und sei “ein klares Beispiel einer tendenziösen Agenda”. Monsanto-Chef Hugh Grant diffamierte die Arbeit gar als “junk science”, zu Deutsch: Drecksforschung.

    Die Firma aus St. Louis in den USA beharrt darauf, dass Glyphosat weder Krebs, Missbildungen oder Erbgutschäden auslöse, noch die Fruchtbarkeit beeinträchtige oder das Hormonsystem störe. “Alle ausgewiesenen Glyphosat-Anwendungen sind sicher für die menschliche Gesundheit”, sagt Fraley. Was der Konzern angeblich mit mehr als 800 Studien belegen kann.

    An einer davon hat der Toxikologe Helmut Greim mitgearbeitet. Der weißhaarige Experte, gerade 80 geworden, war jahrelang einer der führenden Toxikologen in Deutschland. Längst im Ruhestand, arbeitet er immer noch als Gutachter, seine Basis ist ein kleines Büro an der Technischen Universität München in Weihenstephan.

    Jüngst hatte Greim 14 Tierversuchsstudien auf dem Tisch, die den Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs ergründen. “Es gab keine Hinweise auf einen kanzerogenen Effekt”, sagt der Forscher. Kein Wunder, findet er: “Es fehlt ein plausibler Mechanismus, wie Glyphosat Krebs auslösen könnte.”

    Seine Ergebnisse fasste Greim Anfang des Jahres in einem Fachmagazin zusammen. Zu den Koautoren gehört David Saltmiras – einer der Cheftoxikologen von Monsanto und Mitglied der “Glyphosate Task Force”, eines Lobbyverbands.

    Und das ist die zweite Strategie der Industrie: Unliebsame Studien werden mit eigenen Arbeiten gekontert, die oftmals das komplette Gegenteil zum Ergebnis haben. Greim räumt das ein: Seine Metastudie sei durchaus als Antwort auf die Untersuchung des Franzosen Séralini gedacht.

    Andere Studien wiederum halten die Pestizidhersteller mit dem Verweis auf “Betriebsgeheimnisse” sorgsam unter Verschluss. Werden kritische Ergebnisse verheimlicht? Anfang der Achtzigerjahre zum Beispiel gab Monsanto Fütterungsversuche mit Ratten in Auftrag, eigentlich um die US-amerikanische Environmental Protection Agency (EPA) von der Harmlosigkeit von Glyphosat zu überzeugen. EPA-Vermerke von damals legen jedoch nahe, dass die Industriestudie eine “große Zahl” pathologischer Veränderungen der Rattennieren feststellte, Veränderungen, die einen Krebsverdacht begründen können.

    Inzwischen stuft die EPA Glyphosat als praktisch ungiftig ein. Auch das BfR in Berlin sieht keinerlei Gesundheitsgefahren durch den Stoff. Sind die Behörden den Taktiken der Glyphosat-Lobby auf den Leim gegangen, wie Kritiker meinen?

    Das BfR weist den Vorwurf der Industrienähe vehement zurück. “Eigenständige Bewertungen” von “mehr als 1500 Publikationen” seien durchgeführt worden. Doch wie kann das sein? Wie ist es möglich, dass ausgewiesene Experten zu so unterschiedlichen Einschätzungen über ein und denselben Stoff kommen?

    Das BfR bietet eine Erklärung an. Die Unterschiede, heißt es dort, hätten ihren Ursprung “in einem anderen methodischen Ansatz”. Regulierungsbehörden beurteilen Umweltchemikalien nämlich vor allem nach deren direkter Wirkung auf Versuchstiere im Labor.

    Das geht so: Forscher träufeln Ratten reines Glyphosat in verschiedenen Konzentrationen ins Futter. Dann bestimmen sie jene Glyphosat-Menge, die den Ratten gerade eben noch keine Schäden zufügt. Gleichzeitig messen sie, in welcher Konzentration der Stoff tatsächlich in der Umwelt vorkommt. Liegen die beiden Werte weit auseinander, geben die Kontrolleure Entwarnung. Bei Glyphosat ist das so.

    Anders die sogenannte gefahrenbezogene Bewertung, die zum Beispiel zum Votum der IARC führte: Unabhängig von der Dosis untersuchen die Forscher dabei, ob der Stoff ganz prinzipiell gefährlich für Mensch und Tier ist. Zudem werten sie Studien zu den in der Umwelt real beobachteten Folgen des Glyphosat-Regens aus. Solche epidemiologischen Studien haben den Nachteil, dass die Versuchsbedingungen nicht gut zu kontrollieren sind. Dafür bilden sie besser die Wirklichkeit ab.

    Zudem mehren sich die Hinweise darauf, dass Glyphosat nicht allein, sondern erst im Mix zum Killer werden könnte. “Pestizide wie Roundup enthalten etwa 50 verschiedene Moleküle”, sagt Séralini. Von einer “Mischung stark korrosiver Stoffe aus der Ölindustrie” spricht der Forscher. Die aggressive Chemie ist zum Beispiel notwendig, um die Pflanzenwände aufzubrechen. Erst dann kann das Glyphosat eindringen und sein Vernichtungswerk verrichten.

    Rezepturen wie Roundup seien “bis zu tausendmal giftiger als Glyphosat allein”, sagt Séralini. Auch das BfR hat erkannt, dass der Mix eine wichtige Rolle spielt. Besonders giftige Beistoffe, die sogenannten Tallowamine, sind inzwischen zumindest in Deutschland verboten. Doch das Problem bleibt, findet Séralini – zumal die Giftigkeit des jeweiligen Potpourris überhaupt nicht getestet wird.

    Séralinis Arbeit ist die einzige Langzeitstudie weltweit, bei der Roundup verfüttert wurde. In allen anderen Fällen testeten die Forscher Glyphosat pur. Das jedoch sei “das falsche Produkt”, kritisiert Séralini, nämlich eines, “das auf dem Markt gar nicht existiert”.

    Ist der massive Einsatz glyphosathaltiger Pestizide also ein fahrlässiger, weltumspannender Feldversuch an Tier und Mensch? “DDT hat man früher auch als völlig untoxisch angesehen”, sagt Monika Krüger, emeritierte Veterinärmedizinerin, “dann hat man langsam gemerkt, dass da im Himmel keine Vögel mehr waren.” Die ehemalige Leiterin des Instituts für Bakteriologie und Mykologie der Universität Leipzig weiß zwar, dass der Vergleich nicht ganz stimmt – Glyphosat wird viel schneller abgebaut als das Insektengift DDT. Doch die Wissenschaftlerin will aufrütteln. Denn auch ihr gefällt nicht, was sie sieht.

    Krüger untersuchte die missgebildeten Ferkel des dänischen Bauern Pedersen. Sie entdeckte Glyphosat-Rückstände im Urin von Hochleistungskühen. Vor allem aber musste sie mehrfach zusehen, wie Bauern in Sachsen und Schleswig-Holstein einen Großteil ihrer Herde an den “chronischen Botulismus” verloren.

    “Die Lähmungen ziehen von hinten herauf nach vorn, können die Lunge erreichen”, erläutert die Professorin. Dann sacken die Kühe einfach zusammen, “abgemagert, mit aufgezogenem Bauch”.

    Das Gift von Bakterien des Typs Clostridium botulinum sei schuld an dem Leiden, sagt die 67-jährige Forscherin. Normalerweise fristen die Einzeller ein Hungerdasein im Verdauungstrakt. Andere Mikroorganismen halten sie in Schach. Bei erkrankten Kühen jedoch haben sie sich rasant ausgebreitet. Schleichend werden die Tiere von innen vergiftet.

    Warum kommt es zur Giftattacke? Krüger ist sich sicher: Das Glyphosat im Tierfutter ist schuld. Die Forscherin hat im Labor untersucht, wie Glyphosat auf die Mikroorganismen des Kuhpansens wirkt. “Ausgerechnet viele der nützlichen Organismen werden durch Glyphosat abgetötet”, erläutert sie. Dies störe die Pansenflora, die Botulismus-Clostridien könnten sich “massiv vermehren”.

    Ratten, deren Nieren anschwellen, missgebildete Ferkel, vergiftete Kühe, Menschen mit Lymphdrüsenkrebs – hängt all dies mit Glyphosat und Pestiziden wie Roundup zusammen? Der wissenschaftliche Streit könnte sich noch Jahre hinziehen. Ist es fahrlässig, solange einfach weiterzumachen wie bisher?

    Bauer Voss aus Dithmarschen jedenfalls will nicht mehr warten, bis sich die Forscher geeinigt haben. Er hat seine Konsequenzen gezogen.

    Voss verfüttert jetzt selbst angebaute Ackerbohnen und Raps an seine 75 Kühe. Glyphosathaltiges Sojaschrot aus Übersee mutet er ihnen nicht mehr zu. Seither gäben die Tiere wieder mehr Milch, sie seien fruchtbarer und gesünder.

    Bald will Voss seinen Hof ganz auf ökologische Landwirtschaft umstellen und Biomilch produzieren. “Diesen Irrsinn”, sagt er, “mache ich nicht mehr mit.”

    –> Originaltext auf Spiegel.de

  • Langsam anziehen

    Kommentar: Warum wir eine neue Mode brauchen

    Von Philip Bethge, DER SPIEGEL 15/2015

    Aldi hat sich diese Woche auf Druck von Greenpeace verpflichtet, bis zum Jahr 2020 nur noch Textilien ohne umwelt- oder gesundheitsschädliche Chemikalien anzubieten. Auch Lidl, Rewe, Tchibo und andere Händler haben auf die “Detox”-Kampagne der Umweltschützer reagiert. Ein schöner Erfolg, aber alles darf das noch nicht gewesen sein. Denn was wir wirklich brauchen, ist eine neue Modebewegung, die weg von der Fast Fashion und hin zur nachhaltigen Klamotte mit langer Lebensdauer führt. Vorreiter dieser Bewegung müssten vor allem die jungen YouTube-Wilden sowie die Schönen und Reichen sein, die uns bereits heute alles Mögliche verkaufen. Ich möchte Rapper sehen, die Firmen wie Nurmi groß machen, deren Jeans aus Stoffresten bestehen. Ich möchte Popstars in Upcycling-Schuhen aus alten Reifen und Lederresten tanzen sehen und Schauspieler, die auf der Berlinale in Kreationen von Labels wie Armedangels oder Brainshirt über den roten Teppich schreiten. Nur wenn Ökoklamotten das Image des Jutesacks loswerden und Ideen wie der “unendliche Kleiderschrank” des Klamotten-Leihshops Kleiderei als cool gelten, wird sich die “Slow Fashion”-Bewegung durchsetzen können. Der Wandel ist dringlich: Etwa 10 000 Liter Wasser verschlingt die Produktion eines Kilos Baumwolle. Vor allem deshalb trocknet beispielsweise der Aralsee aus. In China sind etwa zwei Drittel der Gewässer vergiftet, größtenteils mit Chemikalien aus der Textilindustrie. Rund 4,3 Millionen Tonnen Kleidung landen in Europa jährlich im Müll. Ein neues Party-Top bringe es im Schnitt auf nur 1,7 Einsätze, sagt Kirsten Brodde von Greenpeace. Hätte es dafür wirklich produziert werden müssen?

    Ich baue auf euch, ihr Fairtrade-Kaffee trinkenden, Biogemüse knabbernden Fahrradfahrer: Nehmt endlich auch die Kleider in euer Weltverbesserungsprogramm auf!

  • Kosmos des Süßkrams

    Die Schokoladenindustrie hat es jahrelang versäumt, den Kakaoanbau zu modernisieren. Die Plantagenbäume sind alt, krank und tragen zu wenig Früchte. Auf den letzten Drücker geben die Hersteller jetzt Millionen für mehr Nachhaltigkeit aus.

    Von Philip Bethge, DER SPIEGEL 51/2014VIDEO dazu

    Wenn Peter Boone an Schokolade denkt, fallen ihm Wörter wie “cremig”, “süß”, “fruchtig” oder “milchig” ein, aber auch “rauchig”, “erdig”, “Zimt” und “Lakritz”.

    Oder Boone schwärmt gleich von “Ganache”, verführerischen Kombinationen aus Sahne und Schokolade, von Pralinen mit “Knusperelementen” in der Füllung und “Schokoladentropfen” mit den Aromen des “Hibiskus” oder der “Himbeere”.

    “Bei Geschmacksvielfalt fällt vielen Leute automatisch Kaffee oder Wein ein”, sagt Boone, “doch dasselbe Potenzial ruht im Kakao – und unsere Aufgabe ist es, dieses Potenzial zu entfesseln.”

    Boone ist Chief Innovation & Quality Officer von Barry Callebaut, dem führenden Schokoladenproduzenten. Im belgischen Wieze, gut 40 Autominuten nordwestlich von Brüssel, betreibt die Firma die größte Schokoladenfabrik der Erde. 1,7 Millionen Tonnen des dunklen Süß produzierte Barry Callebaut im vergangenen Geschäftsjahr. Unternehmen wie Mondelez, Unilever oder Hershey verarbeiten es zu Weihnachtsmännern, Pralinen oder Eiscreme.

    Der dunkle, erdige Geruch von Kakao liegt über der gesamten Anlage. In den Lagern stapeln sich grobe Säcke mit Kakaobohnen. Nebenan, in Speziallabors, tüfteln Experten an neuen Rezepturen und analysieren die rund 10 000 Inhaltsstoffe der Kakaobohne, immer auf der Suche nach den Schokoladeninnovationen von morgen.

    “Wir versuchen, die Kakaobohne vollständig zu enträtseln”, erläutert Boone, “Schokolade ist Genuss pur; wir wollen sicherstellen, dass das auch so bleibt.”

    Wieze ist ein eigener Kosmos des Süßkrams. Ähnlich wie in Roald Dahls Kinderbuchklassiker “Charlie und die Schokoladenfabrik” kreist dort alles um die braune Köstlichkeit. Doch die verführerische Willy-Wonka-Welt trügt. Die Schokoladenindustrie ist in Bedrängnis. Während die Nachfrage weltweit vor allem wegen wachsender Schokolust in Schwellenländern wie China oder Indien steigt, könnte die Produktion bald stagnieren.

    Der Grund: Industrie, Produktionsländer und Bauern haben es jahrzehntelang versäumt, den Anbau des Kakaobaums zu modernisieren. Auf die Kakaopreise wirkt sich die Agrarkrise zwar noch nicht direkt aus. Doch die Branche ist alarmiert.

    “Unsere Industrie ist an einem kritischen Punkt”, sagt Bill Guyton, Präsident der World Cocoa Foundation mit Sitz in Washington, D. C. Der oberste Schokoladenwächter führt eine Koalition von Branchengrößen an, die sich nun zum Handeln gezwungen sieht.

    Im Mai haben zwölf Schokofirmen wie etwa Barry Callebaut, Mars und Ferrero gemeinsam mit den Regierungen der beiden größten Produktionsländer, Ghana und Elfenbeinküste (siehe Grafik ), das Programm “Cocoa Action” aufgelegt, um die Zukunft des Kakaoanbaus in Afrika abzusichern. Auch in Asien und Südamerika investieren Schokoladenfirmen Millionenbeträge in Plantagen, Pflanzenforschung und Schädlingsbekämpfung.

    Sie reagieren damit auf eine Situation, die dringlicher kaum sein könnte. Überalterte Kakaofarmen erzielen magere Ernten. Die Böden sind ausgelaugt. Pflanzenkrankheiten vernichten etwa ein Fünftel der globalen Kakaoernte.

    Verschärft wird die Situation durch den Klimawandel. Die Modelle der Klimaforscher sagen für die Tropen höhere Temperaturen und unregelmäßigere Regenfälle voraus. 2007 hatte der Weltklimarat bereits gewarnt, dass sich die Ernten in Äquatorialafrika bis 2020 halbieren könnten.

    Den Kakaobauern mangelt es an fast allem: an Schulen, medizinischer Versorgung, Zukunftsperspektiven. An der Elfenbeinküste etwa leben 60 Prozent der Kakaobauern unterhalb der Armutsgrenze. Und Schätzungen zufolge schuften etwa 1,8 Millionen Kinder auf den Kakaofarmen Westafrikas, rund eine halbe Million davon unter Bedingungen, die gegen die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO verstoßen. Kinderarbeit auf der Kakaoplantage – eine hässliche Vorstellung angesichts der Fülle von Schokoleckereien, die sich im reichen Westen derzeit wieder in den Regalen türmen.

    Und was passiert, wenn Ebola zuschlägt? Noch hat die Seuche Ghana und die Elfenbeinküste verschont. Aber sie wütet bei den direkten Nachbarn.

    “Wir befürchten, dass der Kakaoanbau ohne schnelles Eingreifen in eine Abwärtsspirale geraten könnte”, sagt Howard-Yana Shapiro, Chef der Agrarforschung beim US-Lebensmittelkonzern Mars und Pflanzenforscher der University of California Davis. Der 68-Jährige treibt für Mars das Kakaorettungsprogramm “Vision for Change” voran. An der Dringlichkeit der Mission lässt er keinen Zweifel. “Ich bin kein Alarmist, sondern Realist”, sagt Shapiro, “wir müssen handeln, jetzt.”

    Shapiro ist ein ungewöhnlicher Industriebotschafter. Mit langem weißen Bart und ebensolchem Haupthaar wirkt er wie Santa Claus persönlich, ein reich gewordener Althippie, der vegan lebt und seine Büroräume im kalifornischen Davis als Parkplatz für eine Sammlung von fast hundert Motorrädern nutzt.

    Zu Mars kam er, nachdem die Firma ein von ihm mitaufgebautes Unternehmen für Biosaatgut kaufte. Seither muss er sich oft den Vorwurf gefallen lassen, eine Art Öko-Feigenblatt für die Industrie zu sein. Doch die Kritik ficht ihn nicht an – Shapiro gilt als einer der profiliertesten Agrarexperten der Erde. Seit über 35 Jahren erforscht der Genetiker Nutzpflanzen. 2010 sorgte er für Aufsehen, als er für Mars das Genom der Kakaopflanze entschlüsselte – und es anschließend kostenfrei ins Internet stellte.

    Inzwischen vertraut Mars Shapiro etwa 30 Millionen Dollar jährlich an, um den Kakao in die Zukunft zu retten: Bis 2020 will Mars angeblich nur noch nachhaltig produzierten Kakao verarbeiten, Kakao also, der von den Zertifizierern Fairtrade, Rainforest Alliance oder UTZ Certified ausgezeichnet ist. Diese Mission führt Shapiro regelmäßig rund um den Erdball.

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    An diesem heißen Dezembertag geht es im Geländewagen nach Petit Bondoukou, einer Gemeinde im zentralen Kakaoanbaugebiet der Elfenbeinküste. Finanziert von Mars, versuchen Experten des World Agroforestry Center (Icraf) hier bereits seit 2010, den Bauern der örtlichen Kooperative zu helfen. Im Moment ist Haupterntezeit. Am Rand der Straße stehen dicht gedrängt die Kakaobäume mit ihren dicken, ovalen Früchten, deren Schalen von rot und orange über gelb bis grün und lila changieren. Allein, das üppig wirkende Pflanzenmeer trügt. Die Probleme sind fundamental.

    Yoba Traoré, ein schlanker Ivorer mit Vollbart und braunen, weiten Kleidern, baut auf fünf Hektar Kakao an. Der 54-Jährige lebt mit seinen beiden Frauen und sieben Kindern in einem wellblechgedeckten Lehmhaus. Sein Land liegt zwei Kilometer weiter die Straße hinab. Die Kakaobäume stehen eng. Ihre Äste winden sich in alle Richtungen. Nur wenig Licht dringt durch das dichte Blätterdach.

    Auf einer Lichtung hat Traoré, mit Plastik abgedeckt, frische Kakaobohnen zur Fermentation ausgelegt. Als er die Plane zurückschlägt, steigt ein intensiver Geruch nach Essigsäure und Kakao von den Bohnen auf, die noch in den Fruchtständen sitzen. Daneben ruhen fertig fermentierte Bohnen zum Trocknen auf dem Boden.

    Was idyllisch aussieht, kommentiert Shapiro mit einem Wort: “Entsetzlich.” Mit dem geschärften Blick des Agrarforschers erkennt er schnell, dass Traoré fast alles falsch macht, was im Kakaoanbau falschlaufen kann. Die Bäume, die eigentlich ähnlich wie Apfelbäume gepflegt werden müssten, seien vermutlich noch nie beschnitten worden, sagt er. Das dichte Blätterdach halte Feuchtigkeit am Boden und begünstige das Wachstum von Pilzen.

    Die etwa sechstägige Fermentation der Bohnen, bei der die typischen Kakaoaromen entstehen, sähe der Experte viel lieber traditionell unter Bananenblättern als unter Plastik. Das Trocknen am Boden sei unhygienisch und ineffektiv.

    Tatsächlich produziert Traoré nur etwa 300 Kilogramm Kakaobohnen pro Hektar. Mit guter Agrartechnik ließe sich die Ernte des Bauern leicht verfünffachen, meint Shapiro. Unter experimentellen Bedingungen hat der Forscher schon bis zu sechs Tonnen Kakao pro Hektar geerntet.

    Zudem ist ein Teil von Traorés Bäumen vom sogenannten Cacao Swollen Shoot-Virus (CSSV) befallen. Bei der Krankheit schwellen Abschnitte des Stamms an, vermutlich, weil Pflanzengefäße gleichsam abgewürgt werden. Langsam rafft es den Baum dahin. Kahl recken Traorés abgestorbene Exemplare die Äste gen Himmel.

    Das Problem: CSSV wird leicht übertragen. “Diese Krankheit könnte die gesamte ivorische Kakaowirtschaft zugrunde richten”, warnt Shapiro. Er hat so etwas schon erlebt. In Brasilien, einst ein führender Kakaoanbauer der Welt, zerstörte die Pilzkrankheit “Hexenbesen” in den Neunzigerjahren fast die gesamte Branche.

    So weit soll es in Westafrika nicht kommen. Und deshalb ist Pflanzenforschung der erste Pfeiler des Kakaorettungsprojekts. Weltweit fahnden Forscher nach krankheitsresistenten Bäumen. Erste Erfolge gibt es. Shapiro selbst war zum Beispiel an der Entdeckung einer Resistenz gegen den Hexenbesen beteiligt. In Costa Rica wachsen bereits erste, gegen den tödlichen Pilz gefeite Bäume.

    Auch für die Javanische Kakaomotte, den schlimmsten Kakaoplagegeist in Asien, und für CSSV suchen die Experten noch händeringend nach Gegenwehr. Shapiro würde gern mehr Biotechnologie einsetzen. CSSV etwa, so glaubt er, ließe sich mit Gentechnik besiegen. “Ich weiß zwar, dass diese Techniken sicher sind”, sagt er, “aber niemand wird riskieren, dass die gentech-kritischen Europäer ihren Markt für Kakaobohnen aus Westafrika schließen.”

    Die Kakaorettungspakete der Schokofirmen setzen daher auf konventionelle Agrartechnik. Die Firmen wollen die Erträge erhöhen und die Lebensbedingungen der Bauern verbessern – der zweite Pfeiler der Kakaoaktion. Andernfalls, so die Befürchtung, könnte so mancher Kleinbauer den Anbau bald ganz aufgeben.

    “Viele Bauern überlegen, statt in Kakao in Kautschuk oder Palmöl zu investieren”, sagt Nicko Debenham, Nachhaltigkeitsexperte von Barry Callebaut. Junge Kakaobauern, berichtet er, ließen ihre Farmen sogar häufig ganz im Stich und zögen in die Städte. Um die Bauern zu halten, sei es unumgänglich, die Einkommen zu erhöhen. Dann, so Debenhams Hoffnung, könnten sich viele Probleme erledigen, so zum Beispiel auch das der Kinderarbeit.

    Denn dass auf den Farmen Westafrikas so viele Kinder arbeiten, ist meist aus der Not geboren. “Kakaoanbau ist sehr arbeitsintensiv”, sagt Debenham. Erwachsene Helfer aber könnten die meisten Bauern nicht bezahlen. Die Ernte bleibe daher oftmals “Familienangelegenheit”.

    Debenham setzt darauf, die Bauern besser auszubilden und die Gemeinden zu stärken. Genau das ist auch das Ziel von Shapiros Mars-Mission. Die Icraf-Experten bilden in den Dörfern sogenannte Kakao-doktoren aus.

    Joel Yao Kouadio ist einer von ihnen. Der junge Ivorer hat gelernt, wie man Kakaobäume pflanzt, pflegt und beschneidet und wie sich Krankheiten abwehren lassen. Jetzt öffnet er in Petit Bondoukou jeden Tag die Türen eines hellblau lackierten Containers, den er zum Mini-Gartencenter ausgebaut hat.

    Auf den Regalen von Kouadios Laden stapeln sich Pflanzenschutzmittel und Werkzeuge. Dünger liegt in großen Säcken in der Ecke. Außerdem hilft er direkt auf den Kakaofarmen. Für den 25-jährigen Jungbauern Dramane Sogodogo hat Kouadio zum Beispiel einige alte Bäume auf einem Feld in der Nähe mit einer klassischen Technik verjüngt: dem Pfropfen.

    An einem Baum demonstriert Kouadio das Verfahren. Mit einem Messer öffnet er zunächst die Rinde. Dann steckt er einen sogenannten Pfropfreiser in die Baumwunde. Den etwa 20 Zentimeter langen Trieb hat er zuvor von einem jungen, besonders produktiven Kakaobaum geschnitten.

    Kouadio umwickelt den Pfropf mit Plastikfolie, um ihn vor dem Austrocknen zu bewahren. Am Schluss rollt er ein Kakaoblatt zu einem Hütchen und setzt es als Schattenspender auf den frischen Ast. “In zwei bis drei Wochen ist der Pfropf angewachsen”, erläutert Shapiro, dann werde der alte Stamm entfernt, und nach drei Jahren trage der Baum “fünfmal so viele Früchte” wie zuvor.

    “Wenn sich diese Technik als sicher erweist, könnte ein Großteil aller Kakaobäume in der Elfenbeinküste innerhalb der nächsten zehn Jahren verjüngt werden”, schwärmt Shapiro. Deswegen produziert die Icraf in großer Zahl Pfropfreiser in sogenannten Klongärten. Sorgsam ausgewählte Kakaobäume wachsen dort heran. Bis zu 100 Jungbrunnen-Triebe jährlich lassen sich von einer einzigen dieser Pflanzen gewinnen.

    Noch muss Shapiro allerdings die Regierung überzeugen. Massandjé Touré-Litsé, die ebenso mächtige wie resolute Chefin des ivorischen Conseil du Café-Cacao, befürchtet, dass sich im Gepäck der Pfropfreiser CSSV verbreiten könnte. Auch der ersehnte Erntezuwachs hat für Touré-Litsé eine Kehrseite. Gibt es mehr Kakao, könnten die Weltmarktpreise fallen.

    Doch Widerstand spornt Shapiro eher an. Am Abend sitzt er in der Provinzstadt Soubré mit den Chefs einer weiteren Kakaokooperative zusammen. Die Entreprise cooperative agricole de Soubré passt ideal in Shapiros Nachhaltigkeitskonzept. 1300 Bauern haben sich hier zusammengeschlossen. 3000 Tonnen zertifizierten Kakaos produzieren sie jährlich. Pro Kilo erhalten sie dafür umgerechnet etwa 1,30 Euro. Ein paar Cent extra bringt ihnen die UTZ-Zertifizierung. Mit den Überschüssen hat die Kooperative zwei Schulen und ein Warenlager gebaut. Kleinkredite für die Bauern gehören zum Service.

    Doch Shapiro reicht das nicht. Wie hoch die Ernte sei, fragt er in den Raum. Im Schnitt 500 Kilogramm Kakaobohnen pro Hektar, lautet die Antwort. Shapiro springt auf: “Wollt ihr 1500 bis 2000 Kilo pro Hektar?”, ruft er und erntet ungläubige Blicke.

    Der Mann von Mars will der Kooperative einen Klongarten schenken, damit die Bauern ihre Bäume verjüngen können. Per Handschlag wird der Deal besiegelt.

    Kann Shapiros Konzept aufgehen? Die Situation der Kakaobauern hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Die Regierungen der Elfenbeinküste und Ghanas bestimmen seit Kurzem jedes Jahr einen Festpreis für Kakao, der die Bauern weniger abhängig von den Schwankungen des Weltmarktpreises macht.

    Und tatsächlich wächst auch der Anteil nachhaltig produzierten Kakaos. “Wir werden in diesem Jahr fünfmal mehr Kakao verkaufen als noch im vergangenen Jahr”, berichtet etwa Dieter Overath vom Verein Transfair, der in Deutschland das Fairtrade-Siegel vergibt. Am Ziel befinde man sich aber noch nicht. “Die Schokoladenindustrie hat die Probleme zu lange ignoriert”, sagt Overath. Immer noch seien fast 80 Prozent des Kakaos überhaupt nicht zertifiziert. Gerade Markenartikler wie Milka, Lindt oder Ritter Sport würden sich bislang nur halbherzig oder gar nicht engagieren.

    Dabei kommen die Firmen um Nachhaltigkeit eigentlich nicht mehr herum. “Wer langfristig in diesem Geschäft bleiben will, muss in die Bauern investieren”, sagt Peter Boone von Barry Callebaut. Um sich im Markt zu behaupten, werde es zudem immer wichtiger, “die Geschichte hinter der Schokolade” zu erzählen, sagt er.

    Im belgischen Wieze lässt sich das beste Beispiel für die Qualitätsoffensive direkt neben der Schokoladenfabrik besichtigen. In Callebauts “Chocolate Academy” lernen etwa tausend Chocolatiers und Pâtissiers jährlich alles über Schokolade, “ein wundervolles, komplexes Produkt”, wie es Akademiechef Alexandre Bourdeaux sagt. Für den Belgier ist die Herstellung von Pralinen oder Schokoladenskulpturen Kunstform und Wissenschaft zugleich.

    Bourdeaux kennt sich bestens aus mit dem “Winnower”, einer Maschine, die die Schalen der gerösteten Kakaobohnen von den Kernen trennt, oder mit der “Conche”, in der die Schokoladenmasse bis zu zwölf Stunden lang geschmeidig gequirlt wird. Mit seinen Schülern diskutiert er den Säuregehalt von Schokolade oder die “Kristallisationskurve”, die beschreibt, wie die Süßigkeit aushärtet, ohne dabei ihren Glanz zu verlieren.

    Kein Wunder, dass Bourdeaux auch ein spezielles Verhältnis zu den Bohnen hat. “Ohne Qualitätsbohnen keine Qualitätsschokolade”, sagt der Chef-Chocolatier: “Für uns ist es essenziell, was wir aus den Produktionsländern bekommen.”

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  • Undeterred by Fukushima: Nuclear Lobby Pushes Ahead with New Reactors

    One year after the reactor accident in Fukushima, resistance to nuclear energy is growing around the world. But the atomic industry continues to push for the construction of new reactors, primarily in emerging economies. The German government even wants to support that expansion — despite the fact it has abandoned nuclear power back home. By SPIEGEL Staff.

    The road to the construction site is flanked by ruins. At one point, there’s a church that looks like its steeple has been shaved right off. An icy wind whistles through empty farmlands.

    The buildings, which are slowly decaying at the foot of a small hill, are relics of the former German province of East Prussia. Now they are located in the eastern part of the Russian exclave of Kaliningrad, located between Poland and Lithuania.

    At the top of the knoll, three cranes are pivoting. A massive construction pit comes into view, 20 meters (66 feet) deep and 500 meters long. Visitors can walk down a ramp to reach its bottom of sand-brown dirt.

    Yevgeniy Vlasenko, the director of the nuclear power plant that will be built on the site, slips on his hardhat. With Vyacheslav Machonin, his construction supervisor, trailing close behind, Vlasenko heads for a mass of freshly poured concrete blocks. All around, workers are bending the iron rods that will be used in the building’s ring-shaped foundation.

    “The reactor with its fuel rods will rest on top of this,” Vlasenko explains. His construction supervisor proudly reports to him that his workers are mixing 2,000 cubic meters (70,000 cubic feet) of concrete per hour for the structure. Should there be a core meltdown, the extremely hot uranium will drip down and be trapped in this basin. But, of course, Vlasenko insists that things “will never get to that point.”

    Vlasenko doesn’t want to spoil the good mood on the construction site. Everything is reportedly going according to plan: In four or five years, at most, the first block of the new Kaliningrad Nuclear Power Plant will begin generating 1,200 megawatts of electricity. “Then we’ll sell the energy to Europe,” Vlasenko says. “Including Germany.”

    Build Reactors ‘Until Your Noses Bleed’

    The gaunt director and his more rotund construction supervisor can’t help but laugh a bit about the irony of selling nuclear power to Germany, now that it has decided to phase out its own nuclear power plants by 2022. “You used to build fantastic nuclear power plants, elegant and solid,” says Machonin, who is now working on his ninth such construction project.

    Before this project, Machnonin was in the southwestern Iranian city of Bushehr. “There, we took over and finished the Siemens building project,” he says. “And we adopted some things from you there.” Both of them shake their heads. “How could the Germans just throw everything away,” asks Vlasenko. “Nuclear energy isn’t on its way out; it’s at the beginning of a renaissance.”

    (-> Read original story at SPIEGEL ONLINE international)

    Vlasenko is employed by Rosatom, the state-owned Russian nuclear company that is building a third of the nuclear power plants currently under construction across the world. The German and Russian opinions about the future of nuclear energy couldn’t be more different. While Germany has decided to abandon atomic energy, Russia is unflagging in its commitment to the power of nuclear fission.

    Indeed, during a celebration marking the opening of a new reactor, Russian leader Vladimir Putin called on those in his country’s atomic industry to build nuclear power plants “until your noses bleed.” Likewise, he has plenty of derisive things to say about Germany’s nuclear anxieties. “I don’t know where they intend to get their heat from,” he says. “They don’t want nuclear energy; they don’t want natural gas. Do they want to go back to heating with wood?”

    No Economic Sense

    A year after the catastrophe at the Fukushima nuclear power plant, it is clear just how little the nuclear lobby and its government supporters have been unsettled by the disaster in Japan. But rejection of nuclear energy is growing among people the world over — and building new reactors makes no sense in economic terms.

    On the face of things, it would appear that little has changed. Only a few countries, such as Switzerland, Italy and Belgium, are joining Germany in turning their backs on nuclear energy. Indeed, it is primarily Russia and the United States, the two nuclear heavyweights, that are competing in a new atomic race, though this time with technologies geared toward civilian purposes. New nuclear power plants are being built with particular relish in emerging economies, such as China and India, who want to satisfy at least part of their energy needs with uranium (see graphic).

    For the builders and operators of nuclear energy plants, the accident in Japan came at what might be considered a bad time. After years of stagnation, not only the emerging economies of Asia — China, South Korea and India — but also Russia and the United States were beginning to put greater emphasis on nuclear energy. This decision was driven not only by the growing energy needs of the newly industrializing nations, but also by fears related to carbon emissions and climate change.

    This prompted the backers of nuclear energy to make frantic attempts to downplay the nuclear meltdown in Fukushima, with the aim of nipping the debate about nuclear safety in the bud. For example, John Ritch, the director-general of the World Nuclear Association, asserted that the disaster hadn’t cost anyone their life. “Nuclear power will be even safer after Fukushima,” Ritch told the BBC in November, “and will continue to mature as the world’s premier non-carbon technology.”

    Declining Support

    Ritch’s views are shared by Roland Schenkel, a German physicist who used to be the director-general of the European Commission’s Joint Research Centre. Fukushima, he says, did not prove that nuclear energy is risky elsewhere in the world. “Clearly, these plants were not appropriately protected against well-known specific risks, such as earthquakes and tsunamis.”

    Still, all of these efforts at placating and winning citizens over have apparently failed. Already in June 2011, the leading British polling company Ipsos MORI identified a decline in global support for the continued use of nuclear energy or its expansion. In a survey of around 19,000 people in 24 countries, the company found that only 38 percent of respondents approved of nuclear energy, which put it at the bottom of the lists of energy sources, far below even coal-generated energy. The survey also found that the greatest numbers of people who had changed their minds about nuclear energy in the wake of Fukushima were found in South Korea, followed by Japan, China and India.

    A poll conducted for the BBC in late November 2011 suggests that these survey figures are not a flash-in-the-pan reaction to the dramatic television images from Fukushima. Only 22 percent of the over 23,000 people questioned for the poll considered nuclear energy to be relatively safe and backed its further expansion. Somewhat surprisingly, there was also an increase in the number of people rejecting the construction of new nuclear power plants in France and Russia, where nuclear energy has traditionally enjoyed strong support. While the views of Americans seemed to be unaffected by events in Fukushima, there was even a slight gain in support for nuclear energy among the British, which might have something to do with the fact that many environmental activists there have embraced nuclear energy as a tool for combating climate change.

    China Leads the Pack

    On balance, it would be a stretch to speak of a renaissance in nuclear power. According to official figures, there were 436 nuclear power plants still operating around the world at the beginning of March 2012, or eight fewer than the record figure reached in 2002. “If you also subtract the reactors in Japan that have been taken off the grid, the number is only 388,” says nuclear expert Mycle Schneider. “That’s not exactly a renaissance.”

    Indeed, despite all the upbeat rhetoric from the atomic industry, hardly any nuclear expert seriously believes there will be a significant increase in the number of nuclear power plants in operation around the world. Schneider points out that existing reactors have a high average age and are gradually being disconnected from the grid. “The nuclear power plants being planned or under construction will not make up for this unstoppable reduction,” he adds.

    Granted, according to statistics from the International Atomic Energy Agency (IAEA), 63 nuclear power plants are currently being built. However, a number of these are projects with no end in sight, such as the dozen plants that have already been on the organization’s list for more than 20 years. The current record is held by the second reactor unit of the Watts Bar Nuclear Plant in the US state of Tennessee, whose construction commenced in 1973. The Westinghouse reactor is supposed to finally begin operation this year, but its launch was recently pushed back yet again.

    China leads the pack with 26 new nuclear power plants. Despite its skyrocketing energy needs, the country still conducted safety checks at all of its new plants in the wake of Fukushima. Construction work on several new plants is scheduled to commence this year, and a number of plants, such as the Hongyanhe Nuclear Power Plant in northeastern China, are supposed to begin generating energy. However, officials have not approved any new building projects since March 2011, the month of the Fukushima disaster.

    China is also putting much emphasis on renewable energy. Indeed, in 2010, the country boasted 42,287 megawatts in installed wind energy capacity, or over four times as much as its nuclear reactors can generate. This gradual turning away from carbon-based energy production is also supposed to continue, with plans calling for 100,000 megawatts of wind energy and 43,000 megawatts of nuclear energy capacity by 2015.

    Resistance in India

    India is following China in terms of both skyrocketing growth and the expansion of its nuclear-energy capabilities. Speaking at the India International Nuclear Symposium in late February, Minister of Power Sushil Kumar Shinde praised nuclear energy as both cheaper and “greener” than imported coal.

    Nevertheless, after Fukushima, there has also been growing resistance to nuclear energy among Indians. In October 2011, demonstrations were held against the Rosatom-built power plant in Koodankulam, on the southern tip of India, which have succeeded in postponing its start-up.

    Indian Prime Minister Manmohan Singh has complained that environmentalist groups based in the US and Scandinavia backed the demonstrations. “The atomic energy program has got into difficulties because these NGOs … don’t appreciate the need for our country to increase the energy supply,” he said in the February edition of Science magazine.

    Still, the anti-nuclear movement is thrilled. “It’s already remarkable that these sorts of problems are suddenly appearing in such tightly run countries as India and China,” says Tobias Münchmeyer, a Greenpeace nuclear expert based in Berlin.

    New Plants for America

    But for the time being, Western builders of nuclear power plants can still take comfort in all of the contracts they have from emerging economies. It is primarily US-based reactor-builders like Westinghouse who are the big players on the global stage. Back in 2007, Westinghouse, which is a subsidiary of Toshiba, and a partner signed contracts to build four new nuclear facilities in China. Two AP1000-type reactors are currently being built in Sanmen, in the eastern Chinese province of Zhejiang. The first reactor is scheduled to enter operation in 2013. Construction work is simultaneously being conducted at the Haiyang facility on the eastern coast of China.

    Plans also call for new nuclear power plants to be built in the United States. In early February, for the first time since the Three Mile Island accident in 1979, the US Nuclear Regulatory Commission (NRC) approved the construction of two new Westinghouse reactors. Workers have already dug up the ground and laid the power lines for the reactors in the pine forests of the southeastern state of Georgia. The two 1,000-megawatt giants, which together cost $14 billion, are scheduled to go online in 2016. The new reactors are part of an expansion of the Vogtle Electric Generating Plant operated by the energy supplier Southern Company near the city of Augusta.

    If the nuclear industry is to continue supplying 20 percent of America’s energy, there’s no way to avoid building new plants. The fact is that many of the 104 nuclear reactors currently in service in the United States are extremely old, and most of them have already been operating for over 30 years. To buy some time, since 2000, the NRC has extended the operational life span of 71 reactors to 60 years.

    The main focus of criticism are the 23 ancient boiling water reactors, developed by the US industrial giant General Electric. These are the same type of power plant that blew up in Fukushima.

    The US Department of Energy has $18.5 billion in federal guarantees available for building new nuclear power plants. Energy Secretary Steven Chu, the co-winner of the 1997 Nobel Prize in physics, praises the expansion project in Georgia as pioneering. “The Vogtle project will help America to recapture the lead in nuclear technology,” he says.

    Approval could also soon be in the works for two reactor blocks in South Carolina. Indeed, energy suppliers are putting added pressure on the NRC, which has already received applications for some 30 additional reactor blocks. Still, critics doubt that all of the planned facilities will actually be built. Even under the best of conditions, a single nuclear power plant costs, per megawatt of capacity, almost twice as much as a coal-fired power plant and almost four times as much as a gas-fired one.

    For this reason, Amory Lovins, an energy expert at the Colorado-based Rocky Mountain Institute, thinks that the supposed renaissance of atomic energy is nothing more than a nuclear-industry fabrication. Indeed, since a significant portion of the financing for nuclear facilities comes from federal subsidies and private investors are hardly ever involved, Lovins compares the situation to a form of “nuclear socialism.”

    “The nuclear industry is in a desperate effort to demonstrate that it is healthy,” he says. “Loan guarantees are not a sign of economic health,” he adds, in the same way that “blood transfusions are not a sign of medical health.”

    Germany Supports Plants Elsewhere

    Rainer Baake, a former senior official at Germany’s Environment Ministry who is viewed as the architect of the nuclear phase-out passed by the Social Democrat-Green coalition government in 2002, also finds it hardly surprising that there is not “more serious thinking about new reactors in any country with a liberalized energy market.” He notes how two new nuclear power plants in France and Finland are not being financed according to standard market rules. “Costs have doubled, as have construction times,” Baake says. “As a result, investment bankers regard the buildings as a kind of cautionary warning.”

    Even more surprising is the fact that Germany, the country so openly set on phasing out its own nuclear energy, intends to provide government support to the construction of a new nuclear power plant in far-away Brazil. Sitting on Economics Minister Philipp Rösler’s desk is an application for a so-called Hermes export credit guarantee from the German government valued at €1.3 billion. In the Brazilian municipality of Angra dos Reis, located in the southern part of the state of Rio de Janeiro, the French nuclear giant Areva wants to build a nuclear power plant that German engineers had planned to build in the 1980s.

    A report compiled by a Brazilian nuclear expert on behalf of the German environmental organization Urgewald finds that the proposed Angra location is dangerous. Wedged between the sea and steep slopes, the reactor would be practically defenseless against a tsunami or one of the region’s frequent earthquakes. Worse yet, there is only a single coastal road on which the population could be evacuated. “We have the potential for a catastrophe that could even surpass Fukushima,” the report says.

    Likewise, the report notes that the Angra location doesn’t meet the criteria that Eletronuclear, the Brazilian regulatory agency, “currently uses to identify suitable locations for future nuclear power plants.” This month, Germany’s Economics Ministry plans to decide whether it will make the construction of Angra 3 possible by extending a loan guarantee.

    In the wake of the Fukushima accident, the German government raised the prospect of also no longer granting Hermes loan guarantees for the export of nuclear technology should the country decide to phase out its own nuclear energy facilities. Since then, however, the issue has not been discussed. Klaus-Peter Willsch, a prominent member of Merkel’s ruling Christian Democrats and a member of the parliament’s Budget Committee, even disputes the claim that safety considerations played a role in the government’s decision to phase out nuclear energy. “We only did it on account of people’s sensitivities,” he says.

    Phasing Out the Phase-Out

    Everything is relative, it would seem, including Germany’s nuclear phase-out. The Rosatom higher-ups working in Kaliningrad on the nuclear power plant project have their own thoughts about that, as well. Project director Sergey Boyarkin finds it rather convenient that the second reactor block in Kaliningrad is scheduled to enter into service at the end of the decade, right when Germany is supposed to be shutting down all of its plants. “We are making an offer to German energy companies that we could lay a power line from Kaliningrad, along the Nord Stream gas pipeline through the Baltic Sea,” Boyarkin says. Doing so, he adds, would help Germany avoid shortages in its power grid.

    The Russian nuclear executive also thinks it’s conceivable that, before that could happen, Germany might once again phase out the phase-out. The first phase out he’s referring to is that passed in 2002 by the Social Democrat-Green coalition government led by then-Chancellor Gerhard Schröder and then-Vice Chancellor Joschka Fischer, which was then postponed by 12 years in 2010 by Chancellor Merkel. “Merkel has already revised once what Gerhard and Joschka passed back then,” Boyarkin says.

    Translated from the German by Josh Ward

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  • The Stench of Money: Canada’s Environment Succumbs to Oil Sands

    Canada is home to the world’s third largest oil reserves. But extracting the black gold is difficult, and threatens to destroy both the surrounding environment and the homeland of native tribes. With protests growing against a planned US pipeline, the oil sands controversy threatens to spread south.

    Celina Harpe holds up the map like an indictment. “The oil companies are into Moose Lake now,” she says, angrily tapping the paper. Workers have apparently already begun surveying the land.

    “I cried when I heard that,” says Harpe, the elder of the Cree First Nation community based in Fort MacKay in the Canadian province of Alberta. “That’s where I was born.”

    Her feet are shod in moose-leather moccasins decorated with brightly-colored beads. Over her neatly-pressed trousers she wears a checked lumberjack shirt.

    Harpe gets up off her worn sofa and steps out onto the terrace of her blue-painted log cabin. The mighty Athabasca River is just a stone’s throw away. “We can’t drink the water anymore,” says Harpe, 72. Berries and medicinal herbs no longer grow in the woods. Even the moose have become scarce. Harpe wrings her wrinkled hands. “We can’t live off the land anymore,” she laments. “Our livelihood has been taken away from us, and they haven’t even asked if they can use the land.”

    An unequal battle is being waged in Alberta. Multinational oil companies are talking about the biggest oil boom in decades. Standing in their way are people like Celina Harpe, whose culture and health are threatened because the ground under their feet contains the planet’s third-largest reserves of crude oil.

    Geopolitical Significance

    Experts estimate that up to 170 billion barrels of crude oil could be extracted from Canada’s oil sands. Only Saudi Arabia and Venezuela have more black gold. In addition, the Alberta deposits are of huge geopolitical significance. Indeed, the US already buys more oil from neighboring Canada than from all the nations in the Persian Gulf region put together.

    Very soon, still more of the so-called bitumen could be helping to fire up the US economy. President Barack Obama wants to decide by the end of the year whether it is in his country’s interests to build a 2,700-kilometer (1,700-mile) pipeline from Alberta to Houston in Texas.

    This pipeline, named Keystone XL, could pump up to 1.3 million barrels of crude oil a day to refineries along the Gulf of Mexico. But whereas the industry is dreaming of an oil rush, protests against the plans are growing. Environmentalists spent two weeks in August and September demonstrating in front of the White House against the exploitation of Canada’s oil sands. Among others, they have the support of 10 Nobel Peace Prize winners, including the Dalai Lama and former Vice President Al Gore.

    The protesters’ rage is directed at a form of oil considered the world’s dirtiest. Ecologists are also worried about the fate of wetlands and water reservoirs along the route of the planned pipeline, including the Ogallala aquifer, which supplies no fewer than eight US states with water.

    Above all, the exploitation of the Canadian oil sands could also lead the US to put off seriously thinking about renewable energy sources for many decades to come. “The point is not to get ourselves hooked on the next dirty stuff,” says US environmentalist Bill McKibben, one of the spokesmen of the anti-oil sands movement. He thinks the exploitation of the sands would make it impossible for America to meet its CO2-reduction targets.

    ‘A Dirty Needle’

    “It’s [like] a drug addict reaching for a dirty needle from a fellow addict,” NASA climate researcher James Hansen says. “It’s crazy, and the president should understand that and exercise leadership and reject the pipeline.”

    Criticism of the plans is also coming from Europe. Only last week the European Commission decided to define oil extracted from oil sands as particularly harmful to the environment. If the European Parliament and EU member states agree, it will make it particularly expensive to import it into the European Union. Importers could, for example, be forced to invest in organic fuels to compensate for the increase in CO2 emissions. The Canadian government is opposed to such moves.

    The area around the town of Fort McMurray, a ramshackle assortment of ugly purpose-built houses in northeastern Alberta, is the epicenter of the oil sands industry. Beefy four-wheel-drive vehicles race along the town’s roads. In winter the temperatures fall to as low as minus 25 degrees Celsius (minus 13 degrees Fahrenheit). That’s when the locals retreat to the Boomtown Casino or the Oil Can Tavern, a neon yellow-illuminated bar of dubious repute.

    The first oil prospectors came to the region more than a century ago. The commercial exploitation of the oil sands began with the construction of the first extraction plants in the mid-1960s. Suncor and Syncrude were the first two companies involved, but rising oil prices have since attracted the industry’s giants, including Shell, ConocoPhillips and ExxonMobil.

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    Heavy equipment is used to dredge out a mixture of sand, clay, water and heavy oil created from the plankton of a primeval ocean. The upward thrust of the Rocky Mountains pushed the reserves into their present position about 70 million years ago. The area of Alberta underneath which the oil sands lie today is about the size of Iowa (see graphic on left).

    The Oil Sands Discovery Centre in Fort McMurray contains a sample of oil sand under a glass dome. Visitors can open a small hatch and smell the contents. Crumbled oil sand looks like coffee grounds, and stinks of diesel. It is the stench of big money.

    Some 40 kilometers (25 miles) from Fort McMurray, the smell hangs in the air day and night. The drive north along Highway 63 leads into the seemingly endless pine forests of the boreal climatic zone. But the woods soon open up, affording a clear view of the smokestacks of an immense industrial complex in the center of an apocalyptic-looking lunar landscape.

    Yellow sulfur tailings flash in the distance. Walls of earth surround a gigantic pit in which Caterpillar 797F industrial tippers are shunting to and fro. Each of these tippers can carry up to 360 metric tons of oil sand in a single load. Their wheels alone are four meters (13 feet) high. The plant is the Mildred Lake Mine belonging to the Syncrude company. Approximately 300,000 barrels of oil are produced on the site every day.

    Oil sands contain about 10 percent bitumen on average. To separate the oil from the mixture, the sand is put into a caustic soda solution at about 50 degrees Celsius (120 degrees Fahrenheit). The bitumen floats to the top of the slurry, from where it can be skimmed off. It is then upgraded to produce what is known as synthetic crude oil (see graphic).

    A Dirty Business

    This procedure enables more than 90 percent of the bitumen to be extracted from the oil sands. The only problem is what to do with the remaining few percent. Mixed with water, sand and clay, it ends up in huge storage basins that already span an area of about 170 square kilometers (65 square miles) in Alberta. The sand quickly sinks to the bottom, leaving a gel-like suspension of minute particulate matter that takes up to 30 years to settle.

    The sludge also contains heavy metals and chemicals. Environmentalists accuse the operators of allowing some of the water to seep into the ground. Indeed, elevated concentrations of lead, cadmium and mercury have been measured in the nearby Athabasca River and Canadian Indians speak of deformed fish and complain that their people are contracting rare forms of cancer. A definitive connection with the oil sands extraction, however, has not yet been made.

    From a hill at the edge of the Syncrude site you can look straight down into the ponds. Oily streaks cover the surface. Last October, 350 ducks landed here during a hailstorm. Their feathers covered in bitumen, they all had to be euthanized. Hollow shots from propane canons now echo across the seemingly endless plains to frighten other birds away. Scarecrows tied to oil barrels bob gently on the ponds.

    Biologists hired by the oil companies are trying to reclaim the land. The hill on the edge of the Syncrude site, for example, is directly above a former mine. A sign informs visitors that if they return in 20 years time, they will find “a landscape reclaimed with lakes, forests, wetlands,” an open invitation for “hiking and fishing.” For now, bison graze on a nearby meadow.

    Gripped by Desperation

    Environmentalists say this is all just greenwashing. “This land is definitely being destroyed forever,” says Melina Laboucan-Massimo, gazing scornfully across the artificial oasis surrounded by gouged out earth. The 30-year-old works as an energy expert for Greenpeace and fights for the rights of the first nations, as Canada’s native inhabitants are known. Laboucan-Massimo is herself a member of the Cree nation, and was born in the area.

    When she sees what is happening to her tribe’s traditional homelands, she seems to be gripped by desperation. Only last April, a pipeline burst just a few miles from her aunt’s house, spilling 4.5 million liters (1 million gallons) of oil.

    Although there are agreements between the native inhabitants and the Canadian state giving the first nations land and usage rights, it’s not clear what the contracts mean for the exploitation of the oil sands. The Canadian Supreme Court is currently considering an appeal by several first nations for a greater say in oil exploitation. Some 23,000 Canadian Indians still live in the oil sands area.

    “My father’s family lived off the land,” says Laboucan-Massimo. “My grandparents hunted, they fished, they trapped; they lived in a more symbiotic relationship with the earth.” Many native Canadians now work for the oil industry: “They are essentially getting paid to destroy their children’s future,” she says.

    For years now, Laboucan-Massimo has been fighting an exhausting battle against the industry. “So far they have only developed like 3 percent of the tar sands in Alberta,” she says. “I don’t have a lot of hope if they develop as much land as they want.”

    Numerous new opencast mines have already been approved; many others are still in planning. The prospect of a direct pipeline to heavy-oil refineries in Texas has prompted investors to reach for their checkbooks.

    Oil Tanks in the Forest

    The International Energy Agency predicts production of conventional oil will soon reach its peak. Oil production in Alberta, by contrast, could more than double to 3.5 million barrels a day by 2025. At today’s prices, that means that the oil sands in Canada, exploitable with today’s technology, are worth about $16 trillion.

    And production costs are falling constantly. Whereas a barrel of oil used to cost almost $75 to produce, new production methods promise to cut that to about $50.

    The eight-seater Beechcraft Super King Air 350, leased by Cenovus Energy, takes off into the skies over Fort McMurray. While the plane is gaining altitude, the shimmering Athabasca River comes into view. Then the mines. From the air they look like oozing wounds in the midst of the green forest. Soon square clearings can also be seen, each with its own oil derrick. Straight roads slice through the forest; the trails left by the geologists searching for the oil sands below.

    As the plane descends, oil tanks and chimneys appear near a lake. Christina Lake is the name of this Cenovus production plant, one of the world’s most modern. But there’s no sign of a mine; the oil sands at the site are being drilled here rather than dug up.

    About 80 percent of the oil sands in Canada are too deep to be retrieved using opencast mining. More than 50 years ago, US geologist Manley Natland came up with idea to separate oil and sand below ground rather than digging them up first. Natland suggested superheating the oil sands so that the bitumen liquefies and can be pumped to the surface. Only now are the required machines available. Engineers can now pump 250 degree Celsius (480 degree Fahrenheit) steam through a borehole and deep down into the ground.

    ‘10,000 Barbecues’

    Cenovus perfected the procedure at Christina Lake. The plant is currently undergoing a dramatic expansion. By the end of the decade, the planners hope it will be producing 258,000 barrels a day, enough to supply some 4 million US citizens with energy for 24 hours.

    “We expect to produce oil at this facility for more than 30 years,” says Drew Zieglgansberger of Cenovus. The youthful-looking manager in blue overalls leads the way to one of five towering steam generators that form the heart of the oil factory. Zieglgansberger climbs a ladder on the front of the gigantic structure and looks through a small window into the white-hot fire burning at 1,500 degrees Celsius (2,700 degrees Fahrenheit), turning water into super-heated steam. The plant generates as much heat as “10,000 barbecues,” the manager proudly declares.

    Operating the mammoth oven is a dirty business. Natural gas is burned to bring the machines up to their operating temperature. In fact the energy equivalent of a barrel of oil is needed to recover 10 barrels of oil. The European Commission has calculated that recovering oil from oil sands is about 22 percent more harmful to the environment than conventional crude oil. The US Environmental Protection Agency has even suggested it creates 82 percent more greenhouse gas emissions.

    But that’s not all: Heating bitumen also releases sulfur dioxide, nitrous oxides and heavy metals into the air, all of which later return to earth as acid rain. The Canadian Ministry for Natural Resources has confirmed that drilling generates twice the emissions as conventional oil production. Worse still, it’s not clear how drilling affects the water table. The independent Council of Canadian Academies regrets that such information is “absent.”

    Zieglgansberger accepts that there are problems. “Yes, we have the dirtiest oil in the world”, he openly admits. But it’ll be another 50 years before renewable energy can replace oil. “It is needed as a bridge to the next energy source.”

    Destined to Be Lost Forever

    Industry lobbyists are increasing their pressure on Washington. Pipeline operator TransCanada has close ties with the office of US Secretary of State Hillary Clinton. The company’s current chief lobbyist was a top advisor to Clinton during the 2008 presidential primaries.

    Most analysts already assume that Obama will eventually authorize the Keystone XL pipeline. Too many jobs are believed to be on the line, and oil has too great a strategic significance to the US.

    Nevertheless, the pipeline’s opponents continue to rally their supporters. A human chain around the White House is planned for early November. However McKibben doubts it will have much of an impact. “The oil companies have more money than God,” he says.

    Time clearly appears to have run out for the native inhabitants of Alberta’s northeast. Their traditional way of life seems destined to be lost forever. Cenovus Manager Zieglgansberger takes a sober view of the situation: “We are now neighbors, whether they want us here or not.” The oil man is at pains to stress that he respects first-nation traditions. “We bring our stakeholders out with us before we do any disturbance,” Zieglgansberger assures us.

    Such respect seems to be rather limited. When tribal elders discovered a traditional burial ground on the site of one of the Cenovus plants, the oil company agreed to preserve the holy shrine.

    The cemetery now lies in the middle of the industrial complex on a tiny square of land spared from the lumberjacks.

    Now the native Indians must pass directly by the oil tanks to honor their dead.

    Translated from the German by Jan Liebelt

    (-> read original article at SPIEGEL ONLINE international)